Ein möglicher Standpunkt dazu
Philosophen nennen den Gedanken hinter dieser These einen „naturalistischen Fehlschluss“: „Man kann keine Werte oder Rechte aus der Natur des Menschen ableiten.“ Für Gesetze und erst recht ganze Rechtssysteme gilt das sicher. Die sind im besten Fall Ergebnis von Vereinbarungen, also Kultur.
Aber könnte es nicht doch sein, dass man aus dem Stand der Erkenntnis über die Natur des Menschen und sein Zusammenleben Ideen darüber ableiten kann, was, mit einer gewissen Logik, keinem Menschen abgesprochen werden kann.
Wir sind evolutionär alle auf dem gleichen Stand. Es gibt biologisch nicht den Hauch eines Hinweises darauf, dass ein Mensch aufgrund von Geburt, Hautfarbe, Geschlecht, Ethnie, Kultur etc. weniger Wert haben könnte, als ein anderer.
Kein Mensch kann über einen anderen ein allumfassendes abschließendes Urteil fällen, schlicht weil er selbst Teil des Systems der Menschheit ist.
Als extrem sozial lebende Tiere sind wir zumindest in großen Teilen unseres Lebens essentiell auf andere Menschen angewiesen. Zusammenleben und auch die Suche nach der besten Möglichkeit des Zusammenlebens ist ein zentraler Aspekt der menschlichen Natur.
Natürlich bauen auch philosophische Theorien, Weltanschauungen und Religionen auf den jeweiligen Stand der Erkenntnis über die Natur des Menschen auf.
Naturalistische Fehlschlüsse entstehen vielleicht eher dann, wenn man den Stand der Erkenntnis für unumstößlich hält, und vor allem, wenn man Interpretationen der Erkenntnisse mit Tatsachen verwechselt.
Die schlimmsten Taten der Weltgeschichte sind von den Tätern naturalistisch begründet worden, wobei dazu allerdings missverstandene Daten böswillig ausgelegt worden sind.
Dass alle Menschen die gleichen Rechte haben, kann man also vielleicht am ehesten daraus schließen, dass man bisher nie ein dauerhaft haltbares Argument dagegen gefunden hat.
Vielleicht ist es also so, dass Ansätze dieser Rechte von den verschieden Kulturen und Religionen auch mehr entdeckt und formuliert als neu erfunden wurden und werden.
Die Formulierungsversuche sind keineswegs nur ein westliches Phänomen. Es wäre sehr schade und dumm, Menschenrechtsansätze über Bord zu werfen, nur weil man Probleme mit Hegemonie der westlichen Kultur hat.
Und genauso schade und dumm wäre es auch, Menschenrechte über Bord zu werfen, weil unter denen, die sie vertreten, auch Heuchler sind.
Aber geradezu abstoßend ist es natürlich, Menschenrechte über Bord zu werfen, um eine aggressive Ausgrenzung anderer Gruppen zu begründen.
Wie sehen Sie das?